Frau Fischer, Herr Braschler, warum sind Sie Fotograf\in geworden?*
Mathias Braschler (MB)
Als ich im Gymnasium war las ich die Biografie von Robert Capa, dessen Leben mich faszinierte. Ich entdeckte so die Agentur MAGNUM und bewunderte, wie deren Fotografen mit Bildern Geschichten erzählten.
Aber nicht nur Capa weckten in mir den Wunsch selber Fotograf zu werden und die Welt zu bereisen, sondern auch Werner Bischof, Henri Cartier Bresson und insbesondere Sebastiao Salgado.
Monika Fischer (MF)
Ich habe zuerst einen Umweg übers Theater und die Oper gemacht. War aber so begeistert davon, dass man mit der Fotografie eigene Ideen und Projekte viel unkomplizierter und unabhängiger umsetzen kann und gleichzeitig die spannendsten Menschen kennenlernen darf und ihre Geschichten anhand von Portraits weitererzählen kann, dass ich immer mehr mit Mathias zusammengearbeitet habe, bis wir nach dem ersten gemeinsamen Grossprojekt entschieden haben, dass wir zusammen am meisten erleben und umsetzen können.
Welches war der Moment, in dem Sie merkten, dass Sie als Fotograf\in ihr Leben gestalten und bezahlen können?*
BM
Ich kam als Autodidakt zur Fotografie, studierte zuerst 4 Semester Geografie und Moderne Geschichte an der Uni Zürich. Ich nutzte diese Zeit intensiv, um neben dem Studium zu fotografieren, auch für die universitäre Presse.
Nach 2 Jahren an der Uni hatte ich mir mein erstes Portfolio aufgebaut und war mir sicher, dass mein Weg die Fotografie war und ich es auch schaffen würde, davon zu leben.
Ich besuchte die Redaktionen vieler Schweizer Medien und schon sehr bald kamen dann auch tatsächlich die ersten Aufträge.
MF
Nach zwei grossen Projekten, die wir auf unsere eigene Initiative umgesetzt haben und dann überall publiziert wurden, trauten uns die Magazine alles zu und haben uns sehr viele Freiheiten gegeben.
Nicht zuletzt auch, weil sie darauf zählen konnten, dass wir mit vielen Geschichten und Bildern in unserem eigenen Stil zurückkommen.
Wann und wie haben Sie zu Ihrer Bildsprache gefunden?
MB
Dies war ein Prozess. Ich arbeitete die ersten Jahre als reiner Reportagefotograf, war mir aber damals schon bewusst, dass eine eigene Bildsprache essenziell war.
1998 zog ich dann nach New York, wo ich 6 Jahre lebte und arbeitete. Diese Zeit war sehr wichtig für mich als Fotograf. Ich begann vermehrt Portraits zu schiessen.
Als ich ich dann 911 hautnah miterlebte, realisierte ich, dass ich in meinem Herzen kein Reportagefotograf wie Robert Capa war, sondern ich mich in der Portrait-Fotografie viel wohler fühlte.
Monika und ich begannen in dieser Zeit auch zusammen zu arbeiten und während dem Projekt «About Americans», einem 6-monatigen Roadtrip durch die USA, entwickelten wir einen eigenen Stil, wie wir Portraits on location schossen.
Als Sie das erste Mal eine bekannte Persönlichkeit fotografiert haben: worauf haben Sie sich in den ersten 15 Minuten konzentriert? Auf das gute Bild oder den Promi in der Nähe?
MB
Die erste wirklich berühmte Person, die ich fotografieren musste, war Martina Hingis und wenn ich mich richtig erinnere, war dies in meinem ersten Jahr als professioneller Fotograf.
Es war ein Corporate Job mit klaren Vorgaben, und ich hatte nicht mehr als 15 Minuten, um die Vorgaben umzusetzen und das Bild von ihr zu schiessen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich ziemlich gestresst war und vor allem darauf achtete, keine gravierende technische Fehler zu machen.
Es half auch nicht, dass Martina am Tag zuvor vom Pferd gefallen war und eine leicht aufgeschlagene Lippe hatte, was den Kunden (SONY) ziemlich nervte. Man muss auch bedenken, dass dies vor dem digitalen Zeitalter war, ich mit Diapositiv schoss und die heutigen Möglichkeiten der Nachbearbeitung nicht existierten.
MF
Aber eigentlich sind wir vor einem Portrait mit Roger Federer nicht nervöser als wenn wir einen chinesischen Reisbauer fotografieren. Wir behandeln eigentlich alle gleich, fotografisch und menschlich.
In unserer Zusammenarbeit am Shoot wäre die Arbeitsaufteilung dann allerdings so, dass sich Mathias nur um die Person vor der Kamera kümmern kann, während ich mich um den Rummel rundherum kümmere und Mathias und das Model somit abschirme.
Weshalb haben Sie sich entschieden für zB. FOTO in die Rolle der Lehrenden zu schlüpfen?
MB
Wir haben in den letzten knapp 30 Jahren sehr viel als Fotografen erlebt und gelernt. Uns macht es grossen Spass, einen Teil dieses Wissens an Interessierte weiter zu geben.
Was glauben Sie, vor welchen Herausforderungen werden die Absolvent*innen Ihrer Meinung nach in Zukunft am häufigsten stehen?
MB
Die Digitalisierung und die unglaubliche technische Entwicklung der letzten Jahre haben die Fotografie deutlich vereinfacht, was dazu führt, dass immer mehr Menschen Bilder schiessen, sei es nun als Hobby oder als Fotograf.
Dies führt dazu, dass es in Zukunft noch wichtiger ist, eine eigene Bildsprache zu haben und eigene Projekte und Ideen umzusetzen.
Worauf dürfen sich Ihre Student\innen im Unterricht mit Ihnen freuen?*
MB
Wir werden versuchen den Studenten die wichtigsten Grundlagen nicht nur theoretisch zu vermitteln, sondern werden auch viel zusammen mit der Kamera unterwegs sein.
Und natürlich werden wir ihnen auch anhand von Beispielen aufzeigen, wie einige unserer bekanntesten Aufnahmen entstanden sind.
Auch Anekdoten von unseren unzähligen Reisen werden nicht fehlen und Tipps, wie man damit umgeht, wenn man am «Ende der Welt» ist und so ziemlich alles schief läuft.
Der neue Lehrgang soll im kommenden November starten. Haben Sie schon jetzt einen Rat für Ihre neuen Student\innen?*
MB
Wir freuen uns sehr, die neuen Studenten schon bald kennen zu lernen und hoffen, dass sie mit viel Motivation und Neugier diesen Lehrgang starten werden.
Danke für Ihre Zeit! Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!